psyche



Lexikon



Akne und Psyche haben in beiderlei Richtung miteinander zu tun.

Einerseits wirkt sich Akne *auf* die Psyche aus - man fühlt sich häßlich, das Selbstbewußtsein ist eingeschränkt, das Forum ist voll von Statements wie "Durch die Akne ist mir meine Jugend völlig versaut worden" usw., man traut sich nicht aus dem Haus, die Akne bestimmt das ganze Denken und die ganze Selbstwahrnehmung.

Die schlechte Nachricht ist die, dass es durchaus schwierig ist, dagegen etwas zu tun, wenn die Akne entsprechend schwer ist. Schwere Akne gehört durch einen Hautarzt behandelt, nach Möglichkeit frühzeitig, um die Gefahr der Vernarbung niedrig zu halten.

Die gute Nachricht ist die, dass die "anderen" in den meisten Fällen die Akne anderer lange nicht so drastisch wahrnehmen wie man selber. Der/die andere "steckt nicht drin", entsprechend ist die empfundene eigene Belastung durch Akne oft unverhältnismäßig hoch. Es mag sich lohnen, hier sich ein wenig dieser eigenen, überzeichneteren Wahrnehmung bewusst zu sein. Nicht immer ist die Akne schuld, wenn man dann doch mal aus dem Haus ging und dann irgendwann doch wieder allein und gefrustet heimkommt und sich abschminkt. Bei Matt Ruff gibt es den Satz "Mindestens 30% aller Studierenden am Campus gehen jeden Abend mit dem Gedanken ins Bett, alle anderen bumsen, bloss sie nicht" (oder so ähnlich), und was soll ich sagen, er hat recht, keine Akne ist auch kein Garant für ein glückliches Party- Beziehungs- und Sexualleben.

Fatal ist eher, wenn man sich durch die Akne wirklich über lange Zeit drastisch in seiner Lebensgestaltung einschränken läßt. Die Spätfolgen vom "drei Jahre leben wie ein Eremit" sind da wahrscheinlich schwerwiegender als ein paar mitgenommene Narben, denen hinterher dann auch oft gerne die Schuld an der immer noch nicht vorhandenen Attraktivität auf andere gegeben wird. Daher - geht raus, auch wenns bisweilen schwerfällt.

Wenn die psychische Beeinträchtigung durch Akne stark und lebensbeherrschend ist, sollte über eine professionelle Hilfe nachgedacht werden. Es ist nichts ehrenrühriges daran, sich zum Psychologen seines Vertrauens zu begeben und mit ihm die Probleme zu besprechen und ggf. zu therapieren. Spätestens bei Selbstmordgedanken ab zum entsprechendem Doc. Unter dem Artikel zu Selbstmord habe ich ein paar Infos zu Therapie und Beratung zusammengetragen.

Zwei Sonderformen möchte ich hier wieder anführen: Körperdysmorphophobie ist die krankhafte Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen. Björn hat einen langen Artikel zum Thema geschrieben, in dem er zum einen zwar seine Skepsis ob der Behandelbarkeit äußert, aber es sind ein paar Jahre ins Land gezogen, an der Uni Frankfurt wurde geforscht, Arte brachte eine Sendung zum Thema, es mag sein, dass sich inzwische ein paar Therapeuten mehr mit der Thematik auseinandergesetzt haben.

Dermatillomanie, zwanghaftes Kratzen ist eine psychische Zwangshandlung, die häufig bei Akneerkrankten auftritt. Beim Stichwort im Lexikon sind einige Selbsthilfeseiten zum Thema verlinkt. 

Das umgekehrte Problem - inwieweit ist Akne psychisch bedingt - hält sich ein wenig unter gängigen Mythen, aber sollte meiner Ansicht nach nicht ernstgenommen werden. Bisweilen wird berichtet, dass sich die Akne bei Stimmungstiefs, Depression, Stress usw. verschlechtert. Das ganze wird einen wahren Kern haben, es gibt auch einige Mechanismen, die da eine Rolle spielen:

...und so weiter. Das läßt sich normalerweise bloß nicht auf Knopfdruck abstellen, und man setzt sich mit dem Gedanken "und das Ganze geht jetzt auch noch auf die Haut" nur noch zusätzlich unter Druck.

Zu guter Letzt möchte ich hier nochmals eine aggressive Verarbeitungsstrategie von Akne verlinken: King of Pains Fotoausstellung. in kurzen Worten: er hat einige Fotoserien von sich gemacht, die nichts beschönigen, sondern im Gegenteil den Hautzustand aufs krasseste zeigen. Einige Bilder sind jetzt hier zu betrachten, mit Begleitkommentar von ihm. Ich bin schwerst beeindruckt, ich sehe das "Outen" in schriftlicher Form auf dem Board oder prinzipiell als eine gute Art und Weise an, sich mit Hautproblemen auseinanderzusetzen und nicht nur sich hilflos anzusehen, aber das hat nochmal eine neue Qualität. Und ich sag mal Vielen Dank. Wow.

 

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Aktualisiert: 03.05.2003
Autor: Richie