Timo: Meine Aknestory


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von Timo
(13. Oktober 2000)

 Meine Aknestory:

 Ich bin jetzt fast 18 Jahre alt und habe seit etwa dreieinhalb Jahren Akne.

 Anfangs, mit 14/15 Jahren stellte das gar keine direkte psychische Belastung für mich dar, Hänseleien wie das berühmte "Pickelface" nahm ich hin, genauso wie die Tatsache, dass Mädchen für mich keinesfalls zur Debatte standen.
Nun, ich machte die typische Anfangs-"Behandlung" durch, sprich Aloe Vera, Teebaumöl usw. Als sich nach einiger Zeit keine Besserung einstellte, ging ich zum Klassischen Homöopathen, der mir Jahre zuvor bereits bei Schlafproblemen helfen konnte. Doch selbst nach Halbjährigem Herumexperimentieren war keine Verbesserung zu erkennen. Parallel dazu war ich bei einer Kosmetikerin, die mit Weleda-Produkten arbeitet und der ich mehr als 30 Narben zu verdanken habe. Meine Kosmetikerinen änderten sich, das Resultat nicht: gleich null.

Nach dieser Phase blühte meine Haut erst richtig auf, das ganze Gesicht übersät mit Eiterpickeln, der Körper nicht betroffen. Der Leidensdruck erhöhte sich gleichzeitig dramatisch, so dass schließlich der Gang zum Hautarzt anstand. Ich bekam die gängige Kombination Differin Gel / Erythromycin-Linola / BPO-Waschemulsion. Damit erzielte ich dann in recht kurzer Zeit eine starke Verbesserung, die sich natürlich auch auf meinen Leidensdruck und mein Liebensleben auswirkte - ich hatte meine erste Freundin und verlor diese Monate später aufgrund meines Selbstekels und der damit verbundenen Verlustängste. Auf Erythromycin reagierte ich wohl allergisch, bekam ein Ekzem (Cortison-Behandlung) und setzte es ab.

Dann benutzte ich über Monate und Jahre die Differin/BPO-Kombi und setzte irgendwann Differin ab. Anfangs unterzog ich mich bei der Hautarzt-Kosmetikerin einer hoch dosierten Neostrata-Behandlung, die aber unheimlich schmerzhaft war und so unprofessionell durchgeführt wurde, dass ich danach Bepanthen zur Wundheilung einsetzen musste. Also Fruchtsäure kann ich gar nicht empfehlen, wenn man nicht ständig wie ein Bratapfel rumlaufen will.
Genauso wenig eine "intensive" BPO-"Kur", wie ich sie sehr, sehr lange durchgeführt habe. Meine Besserung stagnierte und der Leidensdruck wuchs, weshalb ich BPO mit der Zeit bis zu 10mal am Tag dick auftrug, ich zerstörte meine Haut, hatte immer Fetzen im Gesicht und entfärbte Kleidung im Wert von weit über DM 2000,-. Na ja, ich konnte die Akne auf einem einigermaßen erträglichen Niveau halten, doch dann stieß ich auf den BDD-Text von Bjoern und wurde mir all meiner Einschränkungen, Ängste usw. bewusst, so dass ich die Akne unter allen Umständen eliminieren wollte. Da dies natürlich nicht gelang, geriet ich in einen Teufelskreis aus Depressionen und verrücktem Eincremen.

Der vergangene Sommer war dann die Hölle, ich wechselte den Hautarzt, wollte dem neuen von meinen Problemen berichten, dieser hatte natürlich nur fünf Minuten Zeit für mich, gab mir tolle Ratschläge wie "es kommt doch gar nicht nur aufs Aussehen an" und verschrieb mir wegen meiner sehr gereizten Haut nur Differin. Das änderte auch nichts und so suchte ich wegen des extremen Leidensdrucks abermals den Homöopathen auf, der wieder nichts bewirken konnte.

In meiner Not ließ ich mich schließlich von einer Heilpraktikerin behandeln, mit Colon-Hydron-Therapie, Bioresonanz, Entgiftung, strengster Diät, Kosmetik und nur Bio-Aloe-Vera-Produkuten von außen. Null Erfolg und dann vor ein paar Wochen der krasseste Schub meines Lebens. Meine Akne mit kleinen Knötchen und Pusteln entwickelte sich zu einer Akne Cystica mit dicken Knoten.
Neue Hautärztin (danke, Nick/Chris!) und Roaccutan. Nehme das Zeug jetzt seit 3 Wochen, hatte eine Erstverschlimmerung und noch keine Besserung. Aber die Hoffnung verleiht Flügel...

Außerdem war ich bei zwei Psychotherapeuten. Der erste (Existenzanalyse nach Frankl) schwafelte nur über das Leben allgemein (sehr interessant, aber nicht mein Anliegen) und der zweite bestätigte meine Vermutung, dass in meinem Fall eine Therapie nicht möglich ist, da ich auch nicht an Dysmorphophobie leide, denn ich habe ja einen augenscheinlichen Makel. Die einzige Hilfe könne Hoffnung sein - und die habe ich jetzt mit Roa ja!

 Meine Meinung zu:

 1. Hautärzten
Wie viele hier sicher bestätigen können, gibt es extrem viele schwarze Schafe und schlichtweg Menschen, die ihren Beruf verfehlt haben, doch sollte das nicht entmutigen, weiterzusuchen und evtl. einen solchen Volltreffer zu landen wie ich.

 2. Äußerlichen Präparaten
Bei leichter Akne mögen sie vielleicht wirken, doch bei entsprechendem Leidensdruck und schwerer Akneform ist das Pickelzählen bei sinnlosem Eincremen einfach nicht angebracht. Ich habe schon alles durch (BPO 5-10%, Differin, Hautantis, Isotrex(in), Skinoren, Ichthoseptal, Salicylsäure) und bin sehr enttäuscht. Man sollte gleich zu systemischen Tetrazyklinen oder innerlichem Isotretinoin schreiten.

 3. Fruchtsäurepeeling
Neostrata zerstört in hoher Dosierung die Haut, war bei mir sehr unverträglich und nicht sachgemäß angewendet. Meiner Meinung nach reine Geldmache bei Privatpatienten.

 4. Psychischer Hilfe
Wenn "Amateurpsychologie" (Freunde/Diskussionsforum/eigenes Kämpfen) nicht mehr hilft, würde ich die Einnahme von Psychopharmaka und Roaccutan, wie in "The broken mirror" beschrieben, befürworten. Ein Psychotherapeut kann nur Anstöße und Hoffnung geben, nicht aber den Blick in den Spiegel bzw. das objektiv schlimmer Spiegelbild verändern. Vielleicht verhält es sich da anders bei Patienten mit leichter Akne und trotzdem ausgeprägtem psych. Leiden, diese leiden dann nämlich (im Gegensatz zu schwer Aknekranken) an Dysmorphophobie.

 5. Naturheilkunde
Habe durchweg schlechte Erfahrungen gemacht. Würde mir die sowieso eingeschränkte Lebensqualität (bei mir laut Skindex 70%!) nicht noch durch 3 Termine pro Woche und strenger Diät weiter zunichte machen. Wie frustrierenden ist es dann, keinen Erfolg zu sehen... Lieber gleich Roaccutan.

 6. Ernährung-Mythos
Ich glaube nicht, dass ein Zusammenhang zwischen schweren Pickeln und Ernährung besteht. Natürlich können von Alkohol- oder Schokoladenexzessen kleine Pickelchen auftreten. Aber dicke Knoten kommen von unregelmäßigen Schübern, die natürlich mit einem Kollektivbesäufnis zufälligerweise zusammenfallen könne. Meinen schwersten Schub hatte ich während strengster Diät (kein Zucker, nichts, was annähernd süß schmeckt, kein Alkohol, sechs Liter Wasser pro Tag)!!

 7. Internet / dieser Seite
Erstmal Lob an Richie für sein idealistisches Werk!
Für mich persönlich war diese Seite wichtig, da ich hier zu meiner Hautärztin und Roaccutan gefunden habe.
Ich bin allerdings nicht nur Feuer und Flamme, denn es lauern Gefahren:
- extreme Bewusstwerdung des eigenen Problems kann kontraproduktiv sein
- mögliches inneres Kreiseln um die Akne
- Versinken in Selbstmitleid
- Suchtgefahr durch Chat / Diskussionsforum
Ich habe das Gefühl, hier gibt es Menschen, die ihre Krankheit richtig kultivieren und pflegen, sie "brauchen".
Es ist mir unbegreiflich, warum Menschen, die durch Roaccutan eigentlich gesundet sind, sich hier herumtreiben, euer Engagement in Ehren!
 

Alles Gute, viel Durchhaltevermögen und Kraft wünscht euch allen
Timo
 


 

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