Alex' Betrachtungen nicht nur über Akne


     

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    Hai zusammen,

    nachdem ich diese Seite hier gefunden hatte kam der Drang auf, mal alles aufzuschreiben, was die Akne unter anderem für eine Rolle in meinem Leben bisher spielt.

    Erst mal zu mir: ich heiße Alex, bin 22 Jahre alt und studiere zu Zeit.

    Es fing mit der Akne so mit 14 oder 15 an. So genau weiß ich das nicht mehr, weil mir in dieser Zeit sowieso alles egal war: ich war fett, ungepflegt, hatte keine coolen Klamotten, also so richtig der Außenseitertyp. Zwar waren die Mitschüler gnädig mit mir, war also in dem Sinne kein Außenseiter, aber ich empfand mich selbst als abstoßend.
    Bis zu meinem 17. Lebensjahr unternahm ich einige nicht nennenswerte Versuche die Situation zu ändern, sei es mit Clearasil oder Präparaten vom Arzt, die sowieso nicht halfen. Um was es sich im Einzelnen handelte, weiß ich heute leider nicht mehr so genau. Wie gesagt, mir war vieles egal. Zu hause lief es auch schlecht, ich war psychisch ein Wrack, hatte keine Freunde. Ich fraß wortwörtlich den Frust in mich hinein, pflegte mich immer weniger, nahm zu, sah noch hässlicher aus. Dadurch wurde ich noch frustrierter, fraß wieder mehr, ein typischer Teufelskreis.
    In der Mitte meines siebzehnten Lebensjahres dann kam die Wende. Ich brach die Schule ab, wollte zu einer anderen wechseln, was aber erst im Sommer möglich war. So hatte ich ein halbes Jahr Zeit mein Leben zu ändern... was ich tat. In dem halben Jahr nahm ich 45 Kilo ab, ging zu 2 Hautärzten, um an meiner Akne zu arbeiten. Das Resultat bei meiner Haut ist im Nachhinein sehr zwiegespalten. Der erste Hautarzt ließ etwas von der Apotheke zusammenmischen. Das war so ein Schwefelmix, der mir mehr zusetzte, als half. Dann wechselte ich zu einer jungen Ärztin, die mir Cordes 05 verschrieb, was im Endeffekt nichts brachte. Auch hatte ich bei beiden Ärzten das Gefühl abgefertigt zu werden. Die Haut wurde aber wie gesagt besser, was an der Eigeninitiative im Alltag lag. Ich pflegte mich ganz normal, fing an Cremes zu benutzen, und gegen Pickel nahm ich von Clearasil was für sensible Haut. Damals stellte ich fest, dass die Produkte dieser Firma ziemliche Hammer sind, und die Haut eher reizen. So in der Mitte des halben Jahres "entdeckte" ich was, was mir vorher nicht so auffiel: diese kleinen Stifte, die wie Lippenstifte aussehen, welche die Pickel abdecken und sie sogar austrocknen sollen. Diese Abdeckstifte sind bis heute von Zeit zu Zeit meine Begleiter, aber zu denen schreibe ich später noch was. Nun ja, komische Blicke gab es schon, wenn jemand merkte, dass ich mich "schminke". Das war mir wiederum egal, ich wollte "gut aussehen". Und dazu gehörte nun mal, dass man die Akne nicht als Akne erkannte. Ich freute mich in Gedanken auf den Sommer, wenn ich mit harter Brust und einem glatten Gesicht im Schwimmbad rumstolzieren, und all die Leute aus meiner früheren Schulzeit treffen würde. Ohne es zu bemerken, wurde ich ein Opfer der Medien, mit den gut aussehenden Menschen, zu denen ich nun mal nicht gehörte. Im Sommer war ich stolz auf mich, ich hatte so gut wie keine Pickel mehr, was wohl auch an der Sonne lag, und ich war schlank. Zwar war ich längst nicht so in Form wie ich es mir vorstellte, aber das war mir egal, ich war zufrieden mit mir.

    Dann der Rückschlag... Ich wechselte zu einer anderen Schule, ich war an sich immer ein "netter" Typ gewesen und hatte nach einer Zeit guten Kontakt zu den meisten in der Klasse. Aber wenn jemand wie ich seine gesamte Jugend über so gut wie keine sozialen Kontakte hatte, der weiß nicht, wie man sich in einer Umgebung mit jungen Erwachsenen um die 18 bis 20 zu verhalten hat. Ich war naiv, versuchte mir teilweise die Freundschaft zu den meisten Menschen zu erkaufen. Im Hinterkopf wusste ich, dass ich eben nicht der gut aussehende, pickelfreie Typ bin, um den sich die Leute reißen. Um mich herum bemerkte ich diese tollen Menschen und ich selbst kam mir klein und hässlich vor. Es war im Nachhinein betrachtet ja nicht nur das Aussehen, sondern die mangelnde soziale Kompetenz, die ich im Laufe der Jahre zuvor mir angelernt hatte.
    Heute könnte ich mich in den Hintern treten, wenn ich bedenke, dass ich mich im Sommer zuvor noch selber mochte, und das doch allein zählt, unabhängig davon was von anderen suggeriert wird!
    Still und heimlich begann ich wieder mehr zu essen, mich weniger zu pflegen. Ich nahm ungefähr 10 Kilo zu bis zum Sommer des nächsten Jahres, hatte eine Menge Pickel und fühlte mich innerlich schlecht, gestand mir aber nicht ein, dass ich "versagt" haben könnte. Noch nicht einmal das gewachsene Übergewicht oder die Pickel realisierte ich für mich selbst, war starr, unfähig was dagegen zu tun. Man sollte noch erwähnen, dass bei mir zuhause zu diesem Zeitpunkt auch alles schief lief. Meine Eltern stritten sich nur, ich hatte auch nie eine besondere Beziehung zu ihnen. Und, was noch wichtiger war: bei mir zuhause lebten wir buchstäblich im Dreck.
    Um auf die Akne zurück zu kommen: sie wurde schlimmer. Ausser dem Gesicht befiel sie nun auch Brust und Rücken, ein Zustand, der in leichter Form heute noch andauert. Ich ging zuerst zu einer Bekannten meiner Schwester, eine Heilerin würde ich sie mal nennen ^_^, daher auch auf Homöopathie spezialisiert. Sie riet mir zur Kamillebehandlung, da die Kamille ja entzündungshemmend wirkt. Das stimmt, aber bei mir halfen weder Kompressen noch Salbe. Zwar muss ich zugeben, dass die Pickel von Ihrer harten, pusteligen Art zu einer weicheren Form wechselten, und sie sich besser anfühlten. Aber was bringt es, wenn sie sich besser anfühlen, sich effektiv wiederum nichts ändert? Jedoch kenne ich ne Menge Leute, die damit Erfolg hatten. Daher rate ich jedem, es auch mal auf die nicht-chemische Weise zu probieren.
    Was die Psyche angeht habe ich bei eben jener genannten Heilerin auch spirituelle Kurse besucht. Hört sich Gaga im Kopf an, ne? Ist es auch, im Nachhinein betrachtet.
    Okay, dann kam das zweite Jahr auf dieser Schule. Ich war pickelig und wurde dicker, hatte das Gefühl, von vielen hinter meinem Rücken ausgelacht zu werden. Das war auch zu dieser Zeit ungefähr, dass ich merkte, dass ich durch meine immer nette und fröhliche Art, mit der ich versuchte trotz meiner optischen Fehler die Leute für mich zu gewinnen, schwul auf andere wirkte. Ich hatte tatsächlich nicht viel "Männliches" an mir und meinem Verhalten. Ich ging nicht mehr zur Schule, nahm weitere 6 Kilo zu, verpickelte immer mehr. Trotzdem wollte, bzw. musste ich wiederholen, schließlich brauchte ich einen Abschluss. In der Widerholungsklasse lernte ich jemanden kennen, der später mein bester Freund werden würde. Kurz zuvor beschloss ich in Psychotherapie zu gehen. Die Therapie dauerte ca. 10 Monate. In dieser Zeit lernte ich Dinge über mein Leben und erfuhr manches aus meinem Umfeld, das mich schockierte. Ich ging auch zu einem neuen Hautarzt, der mir dann Skid verschrieb. Die Nebenwirkungen trafen mich in voller Bandbreite. Und es half wieder kaum was. Ich brach mit der Behandlung ab, weil es die Nebenwirkung nicht wert war. Ich weiß noch, wie der Hautarzt sagte, dass ich mich nicht so anstellen soll und man halt ne langwierige Behandlung in Kauf nehmen müsste. Der hat mich nie wieder gesehen. Gegen Ende der Psychotherapie war ich emotional nicht stärker, nur schlauer. Trotzdem bestand ich den Abschluss.
    Ich begann zu studieren, zog von zuhause fort und lebe seitdem in dem gleichen Ort wie bereits erwähnter bester Freund. Die erste Zeit des Studierens war hart, ich nahm insgesamt fast 30 Kilo von den ursprünglich 40 abgenommenen wieder zu. Jetzt war das Maß voll! Ich hatte auch die Schnauze voll von den Pickeln, von dem Übergewicht und mir selbst. Ich wollte mich ändern. In dieser Zeit, wurde auch der Kontakt zu dem heutigen besten Freund besser. Er ist Südländer, hat minimale Hautprobleme die nicht auffallen, einen unverschämt glatten Teint und sieht alles in allem auch echt gut aus.
    Das Studium lief schlecht, aber das war egal, ich hatte wichtigeres, um das ich mich kümmern musste. Ich nahm wieder ab, von 99 auf zunächst 80 Kilo in knapp 4 Monaten, danach gab es erst mal eine Pause, ging in eine Uni-Hautklinik in der Nähe. Da meinte man, dass ich eventuell auf Basocin ansprechen würde. Und das wurde meine Rettung (vorerst). Da ich merkte, dass meine Haut darauf ansprach und jegliche Nebenwirkung ausblieb, fing ich an, die Lösung mehr als die empfohlenen zweimal pro Tag anzuwenden, mit sichtlichem Erfolg. Ich hatte eine Zeit von knapp 2 Monaten gar keine Pickel und glatte Haut. Tolles Gefühl! Zwischendurch nahm ich weiter ab, bin nun mehr auf knappen 72 Kilo, was absolut normal bei meiner Größe ist. Mein Selbstbewusstsein ist heute stärker als jemals zuvor, was ich eben auch meinem besten Freund zu verdanken habe. Er hat mir ziemlich viel beigebracht was es bedeutet das Leben zu genießen.
    Im Laufe der letzten drei Monate gab es aber leider wieder einen kleineren Rückschlag, der auch im Moment noch andauert. Als das Basocin alle wurde, dachte ich mir nichts weiter dabei und habe mit anderen Mittelchen, unter anderem auch der sehr teuren Creme von Vichys Normaderm-Serie und der ebenfalls teuren Q10-Creme von Nivea for Men weitergemacht, um mein Hautbild zu verbessern. Die Haut wurde besser, rein optisch, sehr viel feiner und straffer, aber was die Akne anbelangt, ist Normaderms Versprechung ein Witz. Als dann die ersten Pickelchen wieder auftraten dachte ich mir nicht viel dabei. Dann habe ich es noch schlimmer gemacht, als ich auf ein verlorenes Relikt aus alten Zeiten im Supermarkt Stoß: den Abdeckstift. Die Talgdrüsen wurden verstopft, die Abdeckfarbe war wegen meinem verbesserten restlichen Hautbild besser zu sehen, kurz: ich war fast am durchdrehen weil ich dachte, es würde von vorne losgehen. Im Gegensatz zu früher aber ließ ich mich davon nichts ins Bockshorn jagen. Nun ja, wenn ich ehrlich bin, schaue ich ziemlich oft in den Spiegel, um ja sicher zu stellen, dass ich kein hässliches Etwas mehr bin, bzw. um das Aussehen der vorhandenen Pickel zu kontrollieren. Wenn es nach dem BDD geht (ein hervorragender Text, übrigens!), bin ich wohl von der Seite der Nichtspiegelgucker ins Lager der Ziemlich-Oft-Gucker gewechselt (Okay, ist nicht soooo oft ^_°.). Es ist auch mehr so was wie ein Reflex, und egal was ich sehe im Spiegel, es zieht mich nicht runter, außer ich habe einen echt schlechten Tag,

    Tja, seit 4 Tagen habe ich wieder die Basocin-Lösung, die hat schon gleich erste Ergebnisse erzielt, die Pickel sind fast wieder ganz weg, ich bin optimistisch.
    Ich kann nicht behaupten dass das jetzt ein Happy End ist, muss es auch nicht sein. Ich mach mich im Wesentlichen nicht mehr verrückt, was das angeht, versuche mehr das Leben und seine schönen Seiten zu genießen, was ja nicht heisst, dass ich mich nicht mehr um mein Aussehen kümmern muss.

    Noch was dazu was ich Allgemein davon denke:
    Zu sagen, dass man seine Probleme einfach lernen soll zu akzeptieren finde ich heute betrachtet falsch. Es hat irgendwas von Aufgeben wenn man so denkt. Wenn es so viele Möglichkeiten gibt, die man durchprobieren kann, dann denke ich ist es eher toll die Stärke zu finden so lange zu probieren und so hartnäckig zu sein bis man etwas findet, was einem hilft.
    Wiederum gilt meine Bewunderung jenen Menschen, die es sehr schlimm erwischt hat, auch einigen hier auf der Seite, die sagen dass Ihnen egal ist was andere sagen und sie sich nicht unterkriegen lassen. Ich selber war in meiner schlimmsten Zeit nicht so stark. Ich verdanke auch viel besagten besten Freund. Wenn man einen Menschen an seiner Seite hat, der einem Kraft gibt, so kitschig wie sich das jetzt anhört, macht es vieles im Leben einfacher.

    Gruss

    Alex

    P.S.:
    Ich weiss dass das jetzt keine Nur-Akne-Biografie ist. Hoffe mal, dass das trotzdem okay ist.

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